Vor 135 Jahren: Sozialistengesetz

22. Oktober 2013

** Das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie (Sozialistengesetz) 1878 – 1890**

Am 22. Oktober 1878 in Kraft getreten verbietet das Gesetz sozialistische und sozialdemokratische Organisationen und deren Aktivitäten im gesamten Reich. Auch die freien Gewerkschaften fallen unter das Verbot. Öffentliche Versammlungen sind nicht mehr möglich, Zeitungen und Zeitschriften dürfen nicht mehr erscheinen, Bildungsvereine, Sportvereine, Gesangsvereine, ja selbst Handarbeitsvereine, die der Sozialdemokratie nahestehen oder nur im Verdacht stehen sozialdemokratisch zu sein, werden von der Polizei aufgelöst. Überwachung, Schikanen, Diskriminierungen sind an der Tagesordnung. Die Klassenjustiz ahndet schon geringe Verstöße gegen das Gesetz mit hohen Gefängnis- oder Zuchthausstrafen und weist Aktivisten aus.

Nun sind die Frauen gefordert. Sie müssen allein für die Familie sorgen. Aber sie verdienen erheblich weniger als Männer, verlieren z.T. ihren Arbeitsplatz oder ihre Wohnung allein deshalb, weil sie mit einem Sozialdemokraten verheiratet sind und stehen ständig unter Beobachtung. Ihre eigenen politischen Aktivitäten müssen sie nun mit ganz besonderer Umsicht planen, zumal sie sich laut Gesetz ohnehin nicht politisch betätigen dürfen. Dennoch solidarisieren sich zunehmend auch bisher unpolitische Proletarierinnen mit der Sozialdemokratie. Viele von ihnen übernehmen in den 12 Jahren des Sozialistengesetztes für ihre inhaftierten oder ausgewiesenen Männer „neben“ der Arbeit für den Lebensunterhalt der Familie auch die Parteiarbeit: Prominentestes Beispiel ist Julie Bebel Sie führte die Werkstatt ihres Mannes, arbeitete als Parteisekretärin, verwaltete die Parteigelder. Zusammen mit anderen Frauen sammelte sie Spendengelder, kümmerte sich um die Unterstützung von Frauen und Kindern verhafteter Genossen. Kurz, JulieBebel und ihre Mitstreiterinnen organisierten das Überleben der Partei.

Auch nach dem Ende des Sozialistengesetzes war die Unterstützung der Genossinnen bei Arbeitskämpfen, Wahlkämpfen und beim Aufbau der Partei unverzichtbar. Daran sollten wir uns und die Partei erinnern: Frauen haben einen wesentlichen Anteil am Erfolg der Sozialdemokratie.
**Nur wenn die SPD Frauenpolitik ernst nimmt und glaubwürdig vertritt, gewinnen wir wieder Wahlen. **
Gleichstellung ist keine Verhandlungsmasse, auch nicht in Koalitionsverhandlungen.

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