Union schiebt Gleichstellung auf die lange Bank

18. Juni 2017

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, dieser Verfassungsauftrag wurde 1949 erst nach massivem öffentlichem Druck ins Grundgesetz aufgenommen.

Da das geltende Ehe- und Familienrecht nun dem Verfassungsrecht widersprach, musste es entsprechend angepasst werden. Das Grundgesetz sah hierfür eine Übergangsfrist bis zum 31.12.1953 vor. Die CDU regierte Bundesregierung verzögerte die Reform und drückte schließlich im Mai 1957 ein teilweise verfassungswidriges Gesetz durch, das erst zum 1. Juli 1958 in Kraft trat.

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, dieses Grundrecht hatte die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert nur mit Unterstützung von Frauenverbänden und zahlreichen Einzelfrauen durchgesetzt. Erst der massive öffentliche Druck brachte die konservative Mehrheit im Parlamentarischen Rat dazu, dem Gleichheitsgrundsatz zu zustimmen.

Das geltende Ehe- und Familienrecht widersprach ganz eindeutig dem neuen Verfassungsrecht. In diesem Bereich gab es für alle erkennbar akuten Handlungsbedarf - aber auch den heftigsten Widerstand.

Bis 1953 sollte der Bundestag verfassungskonforme Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches beschließen. Aber die Konservativen mauerten: Sie lehnten jede Veränderung der „natürlichen Ordnung“ ab. Die Deutsche Bischofskonferenz unterstützte diese Haltung und sah durch Reformen sogar die "göttlichen Ordnung" gefährdet.

So verstrich die 4-jährige Übergangsfrist ohne Anpassung ans Grundgesetz. Dieser Verfassungsbruch wurde immer wieder von der SPD scharf kritisiert und auch das Bundesverfassungsgericht, ganz sicher nicht die Spitze des emanzipatorischen Fortschritts, forderte eine verfassungskonforme Änderung des Ehe- und Familienrechts ein.

Nur schleppend kann der Bundestag seinem Auftrag nach. Erst am 18. Juni 1957 wurde ein Gleichberechtigungsgesetz verkündet, das allerdings erst gut 1 Jahr später, am 01.07.1958 in Kraft trat.

Der Titel des Gesetzes ist irreführend. Es gab einige Verbesserungen: So durfte die Ehefrau nun ohne Zustimmung des Mannes erwerbstätig sein, jedoch nur, wenn sie ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter nicht vernachlässigte.

Nach dem neuen Gesetz durften Frauen, anders als vorher, ihr in die Ehe eingebrachtes Vermögen immerhin selbst verwalten. Zu einem Ausgleich der während der Ehe erworbenen Versorgungs- und Rentenansprüche hatte sich die Legislative indessen nicht entscheiden können. Dagegen führte das Gesetz eine gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten ein.

Auch die Regelung des Familiennamens ließ zu wünschen übrig. Bis 1994 mussten sich die Eheleute auf einen gemeinsamen Familiennamen einigen. Kam keine Einigung zustande wurde der Nachname des Mannes automatisch Familienname.

In Erziehungsfragen behielt der Ehemann das letzte Entscheidungsrecht, er blieb auch weiterhin der alleinige gesetzliche Vertreter der ehelichen Kinder. Diese Regelungen wurden vom Bundesverfassungsgericht allerdings als verfassungswidrig eingestuft und für nichtig erklärt.

Die arbeitsrechtliche Seite klammerte das "Gleichberechtigungsgesetz" ohnehin nahezu ganz aus. Dass die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit im Gleichstellungsgesetz nicht verankert wurde, war besonders für die gewerkschaftlich aktiven Parlamentarierinnen ein Skandal, zumal die Römischen Verträge und der EWG-Vertrag in Artikel 119 diesen Grundsatz für alle Mitgliedsstaaten 1957 festgeschrieben hatten.

Ja, es gab ein paar Verbesserungen, aber Ehefrauen blieben nach wie vor in hohem Maße abhängig von ihrem Mann. Es dauerte noch 20 Jahre eh eine SPD geführte Bundesregierung endlich eine Reform des Ehe- und Familienrechts auf den Weg brachte, die diesen Namen auch verdient.

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