Filmabend in der AnsprechBar: 4 Wochen Asyl – ein Selbstversuch

15. Dezember 2012

Der erste Filmabend in der neuen SPD-AnsprechBar in der Semmelstreße 46 geht auf die Initiative unserer SPD-Bundestagskandidatin Homaira Mansury zurück.

Am 18.12. zeigt das AnsprechBar-Team um 20 Uhr den Dokumentarfilm “4 Wochen Asyl – Ein Selbstversuch mit Rückkehrrecht”.

Im Anschluss daran besteht die Möglichkeit zum Austausch und Diskussion.

Die RBB-Reporterin Caroline Walter lebte vier Wochen in einem Asylbewerberheim. Die Reportage zeigt die Zustände, unter denen die Asylbewerber leben und die Einheimischen auf diese reagieren. Ein halbes Jahr offline, drei Tage obdachlos, zu Fuß durch Polen oder gut sein auf Probe – Selbstversuche von Reportern sind in den letzten Jahren stark in Mode gekommen. Autoren wie Wolfgang Büscher oder Sven Kuntze haben dabei lebhafte Eindrücke vermitteln können. Selten aber hat eine Reporterin dabei solch extreme Erfahrungen gesammelt wie die RBB-Autorin Caroline Walter. Vier Wochen in einem hessischen Asylbewerberheim brachten sie physisch und psychisch an ihre Grenzen. Sie habe abends oft Rotz und Wasser geheult, gesteht sie im Gespräch. Viele ihrer Videotagebücher waren so emotional, dass sie nicht vorführbar waren, und die Kortisonsalbe gegen die Krätze, die sie sich im Heim zugezogen hatte, musste sie noch Wochen nach ihrer Recherche nehmen.

Zusammen mit ihren RBB-Kollegen Bertram Boxberg, der gleichfalls ins Heim einzog, und Chris Humbs, suchte sie zunächst lange nach einem Asylbewerberheim, das sie einen Monat lang aufnehmen wollte. Von 500 angefragten Heimen sagte schließlich sieben zu. In einigen Bundesländern, wie Bayern und Sachsen, kam die Verweigerung direkt aus den Ministerien. Caroline Walter hält Begründungen, durch die Dreharbeiten könnten Persönlichkeitsrechte verletzt werden, für vorgeschoben: „Diese Rechte müssen wir ohnehin bei jedem Dreh garantieren. Die Länder fürchteten eher die Transparenz.“ Die Wahl fiel auf ein Heim in Hessen, weil es in jeder Beziehung typisch war – und wie es auch in Würzburg steht. Es liegt abgeschieden in einem Industriegebiet und ist sehr dicht mit über 100 Asylbewerbern aus 13 Ländern belegt – knapp sechs Quadratmeter bleiben für jeden. Die Autorin erlebte im Vierer-Zimmer den Verlust jeglicher Privatsphäre und konnte nachts kaum schlafen: „Die Abgeschiedenheit und der Schlafmangel machen wirklich aggressiv.“

Nach zwei Wochen dachte sie über einen Abbruch nach. Sie versuchte, wie alle Bewohner mit den zugeteilten 196 Euro im Monat auszukommen, was nicht ganz gelang: „Ab der dritten Woche habe ich mich bei den anderen durchgefuttert.“ Die Kontaktaufnahme mit den Flüchtlingen aus Afrika und Asien war oft schwierig, dazu musste sie ständig entscheiden: Halte ich mich raus oder mische ich mich ein? Sie erfuhr von dramatischen Schicksalen und lernte kulturelle Unterschiede kennen: Leute aus Eritrea putzten ihre Zimmer unentwegt, für Männer aus Pakistan war Saubermachen unter ihrer Würde. Hoffnungen weckten vor allem die Kinder, die trotz ihrer Unterbringung erstaunliche Schulerfolge vorzeigen konnten. Diese gleichermaßen erhellende wie bedrückende „Kontraste“-Reportage führt auch vor, dass das Heim nicht etwa besonders reglementiert wird, sondern sich oft selbst überlassen bleibt. Hausmeister und Betreuer sind nur stundenweise vor Ort, für mehr Personal fehle das Geld. Geldmangel wird auch als Grund angeführt, dass alkoholkranke Obdachlose im Heim untergebracht werden. „Die sind dann die einzigen Deutschen, die die Flüchtlinge kennenlernen“, meint Walter sarkastisch. In den Gesprächen mit Einheimischen, die in der Nähe des Asylbewerberheims wohnen, stieß Walter auf eine Mauer an Vorurteilen und teilweise abstrusen Überfremdungsängsten, die nur mit sehr viel Geduld mal ein Spalt breit geöffnet werden konnte. Gleiches erhofft sie sich von der Ausstrahlung der Reportage. Die bisherigen Reaktionen aber fielen anders aus: Schon auf die einmütige Videoankündigung erhielt Caroline Walter viele Hass-Mails und Beschimpfungen.

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